Schmelzpunkt

Langsam träge schwebt Durchscheinend die Blaupause Flatterhaft auf vermissten Tropfen Leichtfertigen gläsernen Tränen Aus milchigem Perlmut Andernorts weht trügerisch Ungesehen, geduldig Silbrig gesponnene Lauer Im leise seufzenden Wind

Kaltgestellt

Lautlos schmilzt der weiße Helm Durch flüssiges Glas ins Sonnenlicht Ein Schattenmensch huscht Dahinter hin und her Unaufhaltbar für Minuten ______________ Berlin 06-2020

Winterwärts

Behaglich belächelt Unsäglich die Stille Belauscht das leise Getrappel Schlafloser nach letztem Klee Barfuß scheuert und kratzt Ihr raues grobgewebtes Tuch Und selbst dies kleine Leid Schenkt der Kälte noch Freude Verloren in der Weite des Trümmerfelds

Raster

Bastbesponnene Gitterstäbe Liebgewonnene Geduld Ein Staubkorn fällt durch die Matrix Aeonen bezwungen Bestellt Ansteigende Sorgfalt Oder einfach nur Geplapper Die Bahnhofsuhr tickt dumpf und stetig Im leisen Glanz des Gestirns Gestellt

Altkleidersammlung

Uns gläsernen Träumern Verkaufen sie Seifenblasen Das Bedürfnis nach Sicherheit Stillen sie mit dem Gegenteil Und handeln schwunghaft Mit den Schnipseln und Fetzen Längst zerschlissener Freiheit Mit der wir uns kleidsam schmücken Solange sie bequem ist und passt

Eingelullt

Erhabene Vorhaben Werfen kalt ihre Schatten Zur Dämmerung am Vorabend Wie lange Spinnenfinger voraus Verzerrten Trugbildern gleich Sinken sie mit spitzen Stacheln In goldenen Friedens letzte Nacht Leise Vorahnung Welch‘ dumpfes Kissen Weiche samtene Düsternis Verschluckt wie Watte Lärm und Getöse der Großen Heere Gedanken Hochfahrende Träume Illustrer Brettspielallianz Verheerendes Treiben Derer, die bestimmen In…

Ostkreuz

Schleichende Wege Gebogen, verschlungen Dürsten im Dunst Des aufgehenden Kalküls Glühende Linien Ein heißer Draht Feuerklingen Aus wieder und wieder Geflochtenem Stahl Kühle Verheißung am Morgen Erste blutige Küsse des Kriegs Stolzer waren  die wehenden Fahnen und süßer Der Frieden nie

Belanglos

Hoch über mir ein Blätterdach So vieler Alleenbäume Säumig am Straßenrand gestrandet Der Kopfbedeckung Krempe  Tief mir ins Gesicht gezogen Behütet vom Blätterdach Dem weit gewölbten, lichten Korridor Zwischen den zahllos‘ Aufgereiten Alleenbäumen Streife ich flimmerflackernd Wie ein Irrlicht verloren umher

Türsteher

Warum stehen Menschen draußen vor der Tür? Sie warten oder sie rauchen. Manchmal vertreiben sie das Warten mit Rauchen. Ich warte, bis sie fertig sind mit Rauchen und beobachte ihr Warten.